Kathrin aka Fräulein Draußen ist DIE deutsche Wanderbloggerin. Bereits seit 2013 bloggt sie über ihre Solo-Abenteuer, seit 2016 hauptberuflich: über ihre Weitwanderung durch ihr Lieblingsland Großbritannien, dem Roadtrip durch Patagonien oder dem kleinen Abenteuer vor der Haustür. Mitreißend erzählt Kathrin auf ihrem Blog von ihren Touren, auf denen sie am liebsten alleine unterwegs ist. Und das ist das ganz Besondere: sie ermutigt alle Wander Women, Bergmädel und Trekkingfreundinnen, es einfach auch mal auszuprobieren. Sie inspiriert andere, den Mut zu finden, alleine loszuziehen und die Welt zu entdecken. Und das nicht nur über ihren Blog, denn in der von ihr gegründeten Facebook Gruppe „Club der Abenteurerinnen“ tauschen sich inzwischen knapp 5.500 Outdoor-Frauen aus, geben sich Tipps und ermutigen sich gegenseitig. Wer weiß also besser, wie OutdoorFrauenPower geht als Kathrin? Ein Interview mit Fräulein Draußen!
Inhaltsverzeichnis
Was fasziniert dich am Solo-Wandern?
Wenn ich allein in der Natur unterwegs bin, nehme ich meine Umgebung und auch mich selbst ganz anders und vor allem viel intensiver wahr. Auch fasziniert mich die Vorstellung, mich einer Herausforderung ganz allein zu stellen und niemanden zu haben, auf den oder die ich zumindest einen Teil der Verantwortung abwälzen könnte. Daneben gibt es beim Solo-Wandern natürlich auch einige praktische Vorteile: Man kann ganz in seinem eigenen Tempo laufen – etwas, das vor allem bei längeren Wanderungen essenziell ist – und Pausen machen wann und wo und wie oft man will. Dennoch bin ich durchaus gerne auch in Begleitung draußen unterwegs. Keins von beidem ist schlechter oder besser, es ist einfach nur anders. Die Mischung macht’s!
Was sind die größten Ängste von Frauen – warum trauen sich nicht mehr alleine wandern zu gehen?
Ich glaube, so große Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es in dieser Hinsicht gar nicht. Männer gehen lediglich anders damit um, sprechen weniger offen über ihre Befürchtungen und lassen sich wahrscheinlich auch etwas weniger oft davon abhalten (Achtung: Verallgemeinerung zur Verdeutlichung!). Zum einen gibt es da natürlich rationale Ängste wie zum Beispiel das Zweifeln an den eigenen Fähigkeiten oder der Ausrüstung. Diese Zweifel kann man mit entsprechender Vorbereitung gut in den Griff bekommen. Daneben, und das ist vermutlich der häufigere Hinderungsgrund, gibt es irrationale Ängste wie zum Beispiel die Befürchtung, Opfer eines Überfalls zu werden oder einfach nur die Angst davor, „allein im dunklen Wald“ zu sein. Hierbei hilft langsames Herantasten, zum Beispiel mit kleinen Tageswanderungen, und gesunder Menschenverstand, denn: In der Realität ist jeder „dunkle Wald“ deutlich sicherer ist als eine deutsche Kleinstadt oder die Fahrt auf der Autobahn.
Wie hat sich das Draußen gehen von Outdoorfrauen verändert in den letzten Jahren? Trauen sich inzwischen mehr Frauen, alleine auf Abenteuer zu gehen?
Es gab schon immer viele Frauen, die sich auf Abenteuer begeben haben – aber gerade in den letzten Jahren rücken diese endlich auch viel mehr in die viel zu oft maskulin dominierte Öffentlichkeit. Sei es durch Bestseller wie Wild von Cheryl Strayed und Laufen, Essen, Schlafen von Christine Thürmer oder durch Social Media. Das Besondere daran ist zudem, dass es sich bei diesen Vorbildern nicht um Extremsportlerinnen oder ähnliches handelt, sondern um „ganz normale Frauen“, die einfach ihre Träume verwirklichen. Und die haben in den letzten Jahren bestimmt besonders viele Frauen inspiriert, es ihnen gleich zu tun.
Warum hast du die Facebook Gruppe „Club der Abenteurerinnen“ nur für Frauen gegründet?
Grundsätzlich bin ich gegen eine leider in der Outdoorbranche immer noch stark vorhandene und oft ziemlich sinn- und grundlose Differenzierung zwischen Frauen und Männern. Daher richte ich mich auch mit meinem Blog bewusst nicht nur an Frauen. Dennoch ist es zum einen so, dass es durchaus Themen gibt, die Frauen speziell betreffen – nicht zuletzt aus biologischen Gründen – und die Frauen einfach lieber mit ihresgleichen besprechen. Zudem haben Frauen in ihrer (Online-)Kommunikation meiner Erfahrung nach oft eine andere, vor allem sensiblere und empathischere Art, miteinander umzugehen. Mit der Gruppe wollte ich einen Ort schaffen, an dem Frauen sich gegenseitig unterstützen und helfen, aber auch ermutigen und vor allem inspirieren können. Und eine sichere Umgebung, in der keine Frage zu peinlich oder zu doof ist. Das alles funktioniert in der Gruppe, die mittlerweile schon rund 5.500 Mitglieder hat, wunderbar und bin stolz darauf, dass die Gruppe so aktiv ist und wir Gruppenmoderatorinnen kaum Arbeit haben, weil der Umgangston und die Atmosphäre einfach nur großartig sind.
Gibt es noch etwas, vor dem du selbst Angst hast, wenn du auf Tour bist?
Generell nicht, aber natürlich kann es je nach Tour äußere Umstände geben, die herausfordernd sein können – sei es wegen dem Wetter oder der Tierwelt oder anderen Gegebenheiten, die man nur schwer bis gar nicht beeinflussen kann. Grundsätzlich verfolge ich in dieser Hinsicht die Devise, dass man vor etwas, das man gut kennt, nicht so wirklich Angst haben kann. So habe ich mich zum Beispiel, bevor ich für vier Wochen nach Alaska gereist bin, im Vorhinein viel über Grizzlybären informiert, um zu verstehen, wie die so ticken und natürlich um zu lernen, was im Falle einer Begegnung zu tun ist. Das gleiche habe ich für meine 1.000 km lange Fernwanderung durch Australien mit Schlangen und Spinnen gemacht. „Ein bisschen“ aufregend war das alles zumindest am Anfang immer noch, aber ich war ganz bestimmt deutlich gelassener als ich es ohne meine Vorbereitung gewesen wäre.
Was war das schlimmste, das dir je unterwegs passiert ist? Was hast du daraus gelernt?
Etwas wirklich schlimmes ist mir glücklicherweise noch nie passiert. Die größte Herausforderung war neben der körperlichen Anstrengung stets mein eigener Kopf, der manchmal eben einfach nicht wahrhaben will, dass man plötzlich ganz allein irgendwo in der Wildnis steht oder schon wieder den ganzen Tag lang durch Matsch und Regen stapfen muss. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass die eigenen Gedanken letztendlich eben nur das sind – Gedanken – und dass man diesen nicht immer allzu viel Realität beimessen darf. Auch habe ich begriffen, dass schlechte Tage da draußen (und auch sonst im Leben) einfach mal dazu gehören und dass man sich darauf verlassen kann, dass am nächsten Tag oft schon wieder alles ganz anders aussieht.
Hast du unterwegs besondere Schwierigkeiten erlebt, weil du eine Frau bist? Oder im Gegenteil, vielleicht sogar Vorteile?
Ich habe bisher überhaupt keine Nachteile darin gesehen, als Frau draußen unterwegs zu sein. Allerdings war ich bisher auch vor allem in solchen Ländern unterwegs, in denen zwischen Männern und Frauen eine gewisse gesellschaftliche und politische Gleichstellung herrscht. Die Tatsache, dass Frauen oft als das schwächere Geschlecht und weniger als Bedrohung gesehen werden, kann durchaus auch so seine Vorteile mit sich bringen. Ich glaube, dass das oft einen gewissen Beschützerinstinkt bei den Menschen, die man unterwegs trifft, auslöst und sie hilfsbereiter und offener macht.
Hast du (weibliche) Vorbilder, die dich inspirieren?
Eine weibliche Abenteurerin, die mich schon lange fasziniert, ist die Schweizerin Sarah Marquis, die zum Beispiel innerhalb von drei Jahren von Sibirien bis nach Australien gewandert ist. Ich liebe ihre Beschreibungen der Natur und ihres Seelenlebens gleichermaßen. Außerdem hegen wir beide eine große Faszination für den australischen Busch. Toll finde ich auch Anna McNuff, eine quirlige Britin, die unter anderem den 3.000 km langen Te Araroa in Neuseeland gejoggt (!) ist und vor Lebensfreude und Begeisterung für das Draußensein nur so sprüht. Gerade hat sie ihre jüngstes Projekt gestartet, #BarefootBritain: Barfuß in ca. 100 Marathons durch Großbritannien!
Was würdest du anderen Frauen raten, die sich nicht so richtig an das Solo-Wandern wagen?
Das Wichtigste ist, sich nicht unter Druck zu setzen und sich langsam zu steigern. Am Anfang kann schon eine Nacht auf dem Campingplatz oder eine Tageswanderung allein ziemlich aufregend sein, das war bei mir damals nicht anders und ist ganz normal. Der Kopf muss sich erst wieder daran gewöhnen, mit sich selbst allein zu sein, denn in unserer heutigen Welt ist man das nur noch selten. Auch muss man oft erst wieder lernen, sich auf sich selbst und seine Fähigkeiten zu verlassen.
Und zum Abschluss: was ist deine liebste Bergregion?
Ich liebe die Bergregionen Großbritanniens, wie zum Beispiel die Yorkshire Dales oder den Lake District. Ganz zu schweigen natürlich von den schottischen Highlands! Der höchste Berg Großbritanniens, Ben Nevis, ist gerade einmal 1.345 Meter hoch, und doch sind die Berge dort für mich nicht minder beeindruckend als zum Beispiel die Alpen. Die britischen Berge vermitteln einfach eine ganz besondere Form von rauer Natur und Wildheit, die mich immer wieder auf die Insel zieht.
Vielen herzlichen Dank für das Interview und die Bilder! Mehr zu Kathrin:
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