Mein Lieblingsberg bzw. meine Lieblingsroute über diverse Berge befindet sich in meinem Lieblingsland Neuseeland.
Dabei ist es nicht ihre Schönheit oder die Größe dieser Berge, was sie zu meiner Lieblingsroute machen, sondern vielmehr das Erlebnis welches ich mit ihnen verknüpfe. Ebenso die Tatsache, dass ich noch immer sehr oft an diesen Tag bzw. dieses Wochenende auf und um diesen Bergen zurückdenke.
Es sind ja immer die kleinen und einfachen Momente, die so viel verändern können oder sich tief im Herzen einprägen. So war es in diesem Wochenende im Tararua Forest Park, als wir einige Bergspitzen beim sogenannten Southern Crossing überwunden haben, wenn auch nicht alle. Dazu aber später mehr.
In jedem Fall hat dieses Wochenende einiges in mir verändert und die Beziehung zu meinem jetzigen Mann um einiges gestärkt und gefestigt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist dein Lieblingsberg?
Wie bereits erwähnt befinden sich die Route des Southern Crossing in Neuseeland, in der Umgebung Tararua Forest, unweit von Wellington. Auf dieser Route gilt es die alpinen Gipfel vom Table Top, über den Mount Alpha (mit 1361 Metern) bis hin zum Mount Hector (mit 1529 Metern) zu überqueren.
Die Route bietet bei schönem Wetter einen herrlichen Blick auf den südlichen Hafen von Wellington, den Marlborough Fjord und die Berge Kaikouras.
Der höchste Punkt der Route, der Mount Hektor, trägt ein großes Holzkreuz, dass seit 1950 an die Menschen erinnert, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren haben.
Die Wanderung ist auf 3 Tage bemessen. Auf dieser Route liegen drei Hütten, die man als Übernachtungsmöglichkeit nutzen kann.
Mehr zur Route kann man hier auf den Seiten des Department of Conservation (kurz DOC) nachlesen.
Welche Story verbindet dich mit dieser Wanderung?
Was ich bisher nicht erwähnt hatte, was aber eben entscheidend zum Abenteuer meiner Lieblingsroute beiträgt, ist, dass das Wetter in Neuseeland unberechenbar ist. Leider kann das Wetter, so wie wir es kennen, keine 3 Tage vorausgesagt werden. An einem einzigen Tag kann es also Regen, Sonne, Sturm, Hagel oder leichte Regenschauer im Wechsel geben.
Mit Sonnenschein und frohen Mutes haben wir unsere 3 Tage Wanderung aufgenommen.
Ganz blauäugig waren wir natürlich nicht und wussten, dass das Wetter in den Bergen (wie in allen Bergregionen in der Welt) rauer und unberechenbaren werden würde. Doch mit dem was folgte, hatten wir natürlich nicht gerechnet.
Von Wellington in den Tararua Forest Park
Zunächst haben wir uns mit dem Bus von der Hauptstadt Wellington zu den Otaki Forks bringen lassen. Die Fahrtzeit beträgt etwa 1,5 Stunden. Unsere Rückreise hatten wir zu Beginn unserer Wanderung noch nicht geplant, da man in Neuseeland ganz gut durch Hitchhiking (Trampen) von A nach B gelangt. Der Aufstieg zur historischen Field Hut war angenehm und leicht. Ich denke wir haben um die 3 Stunden für den Aufstieg benötigt.
Doch ein Blick in die umliegenden Berge wirkte bedrohlich. Dicke Wolken formierten sich, der nächste Tag versprach mindestens jede Menge Regen.
Ich erinnere mich noch an eine Familie mit zwei Erwachsenen und 3 Kindern, die ebenfalls in der Hütte übernachtet hatten. Die Mutter hatte mir mächtig Angst eingejagt und uns vom Aufstieg zur nächsten Hütte, der Kime Hut, abgeraten. Daraufhin empfahl mir mein Mann, dass wir den nächsten Tag abwarten, und es wenigstens probieren sollten.
Das taten wir.
Der Aufstieg zur Kime Hut am Mount Hector
Wir starteten unseren weiteren Aufstieg bereits mit mäßig starkem Regen. Je weiter wir hinauf stiegen, desto mehr Wind kam hinzu. Neuseeland ist bekannt für sehr starke Winde mit über 100 km/ Stunde. Nicht umsonst wird die Hauptstadt Wellington Windy Welly genannt.
Neben Regen und Wind kam irgendwann schlechte Sicht hinzu. Zudem wurde die umliegende Landschaft karg, Bäume machten Sträuchern Platz, die, je höher wir kamen, auch immer spärlicher und kleiner wurden.
Letzten Endes waren wir Sturm, Regen und einer freien Berglandschaft ausgesetzt. Die Sichtweiten wurden mit Mal zu Mal geringer. Wer die Alpin Welt kennt, weiß wie gefährlich diese Kombination ist.
Wir wollten nicht umdrehen, weil wir wussten, das die Kime Hut nicht mehr weit sein konnte.
So war es. In der schlimmsten Phase, in der wir dachten, wir machen es hier nicht mehr lange, lag die Kime Hut etwa 10 Minuten Fußmarsch von uns entfernt. Wir hatten es geschafft.
Es fühlte sich an wie in einem Horrorfilm, wenn der Held der Geschichte nach einem langen Wettlauf mit einem Monster, die rettende Tür hinter sich zu knallt und verriegelt. Kein Mensch war dort. Denn kein normaler Mensch tut sich dieses Wetter wohl freiwillig an. Gott sei Dank gab es Solarstrom und Wasser. Jedoch keine Heizung, keinen Ofen und natürlich auch keine Kochstelle. Wir waren durchnässt bis auf die Knochen.
Da wir für eine 3 Tage Wanderung auch Wechselklamotten eingepackt hatten, haben wir sofort unsere nassen Sachen ausgezogen, aufgehängt und die etwas klammen Wechselklamotten angezogen.
Gefangen in der Kime Hut
Der Sturm draußen war unerschütterlich und pfiff extrem laut gegen die Wände der Hütte. Wir konnten also unseren Aufstieg zum Mount Hector nicht fortsetzen und auch nicht zurückwandern. Nach einiger Zeit wagten wir einen erneuten Versuch, nicht hinauf, aber zurück. Wir zogen also unsere nassen Klamotten wieder an und stellten uns dem Sturm.
Zugegeben, war das keine wirklich gut durchdachte Aktion. Wir nahmen an, der Sturm hatten sich zurückgezogen, doch vielleicht hatten wir uns einfach an das Pfeifen und Knarren an den Hütten Wänden gewöhnt. Allzu weit kamen wir nicht. Die Sichtweite war noch schlechter als zuvor und Regen und Wind um einiges kräftiger. Nachdem mein Mann fast vom Sturm weggetragen wurde und wir uns kaum festhalten konnten, kehrten wir zurück. Ohne Frage.
Damit stand die Entscheidung fest. Wir mussten in der Hütte bleiben, bis das Unwetter sich verzogen hatte. Das wäre nicht so schlimm, wenn die Hütte freundlich, gemütlich und warm ist. Diese Hütte ist aber einfach nur zweckmäßig, ein kurzer Unterschlupf auf einer Durchreise.
Wir mussten uns irgendwie aufwärmen, unsere Sachen trocknen und versuchten die Nacht einigermaßen warm zu verbringen.
Was ist dein Highlight auf der Wanderung?
Das Highlight war definitiv die Übernachtung auf der Kime Hütte. Das war, wie bereits erwähnt, auch die größte Herausforderung. Da wir die Hütte für uns hatten, konnten wir unsere nassen Klamotten überall verteilt aufhängen. Neben den Wechselklamotten und 2 Schlafsäcken, hatten wir Verpflegung, 2 Smartphones, einen Mini Lautsprecher und eine Flasche Whiskey dabei. Die Kombination war genial!
Eines der beiden Smartphones nutzten wir eigentlich nur für Notrufe und ließen es zunächst ausgeschaltet. Das andere benötigten wir nicht, aber es hatte noch einen komplett vollen Akku. Also haben wir uns Whiskey eingeschenkt, die Musik laut aufgedreht und sind durch die Hütte getanzt. So ausgelassen habe ich glaube ich noch nie in meinem Leben getanzt! 😀
Nach und nach wurde uns wieder warm.
Wasserlassen stellte sich neben dem Spaß, den wir in der Hütte hatten, als weitere Herausforderung dar. Denn die Hütte selbst hatte keine Toilettenvorrichtung. Also mussten wir raus aus der Hütte. Sobald wir jedoch die Tür zur Hütte öffneten, entriss der Wind sie uns und mit ihr auch fast uns. Wer eine bildliche Vorstellungskraft besitzt, kann sich denken, wie gut bzw. weniger gut das Wasserlassen geklappt hat. 😀
Wir machten uns etwas zu essen und verkrochen uns relativ früh in unsere Schlafsäcke.
Ich hatte großen Respekt vor dem Sturm, der noch immer unerlässlich gegen die Hüttenwand fegte. Ich hoffte einfach inständig, dass die Hütte standhalten würde. Aber klar, dafür sind sie ja gebaut.
Der nächste Morgen sah schon wieder etwas besser aus. Noch immer regnete es heftig, der Wind hatte jedoch deutlich nachgelassen. Uns stand nicht der Sinn die Wanderung über den Mount Hector Pass fortzusetzen. Unsere Sachen waren noch immer sehr nass und wir wollten den schnellsten Weg zurück ins Trockene nehmen. So machten wir uns auf den Weg zurück, über die Field Hut, zu den Otaki Falls. Und von da aus, per Anhalter, zurück nach Wellington.
Obwohl wir das Southern Crossing nicht vervollständigen konnten, war dies definitiv eines unseren besten Erfahrungen einer alpinen Wanderung.
Wir waren sehr gut ausgestattet mit den Dingen, die wir in unseren Rucksäcken mit uns führten. Auch das Wetter konnten wir kaum besser vorhersagen. Doch in dem Fall wie wir auf solchen Situationen reagierten und uns in ihnen verhalten, hatten wir viel dazu gelernt. Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren und nicht in Panik zu geraten. Nur so lassen sich die richtigen Entscheidungen treffen.
Über Judith
Seitdem ich 2015 meinen Job gekündigt und meine damalige Wahlheimat München im Jahr 2015 verlassen hatte, um im Rahmen eines Work- and Travelprogramms nach Neuseeland zu gehen, hat sich für mich fast alles verändert.
Neben dem stetigen Reisen mit meinem jetzigen Mann und meinen Lauftrainings für Marathons, pendle ich aktuell zwischen den USA und Deutschland hin und her.
Um mir dieses Leben als Dauerreisende zu ermöglichen, habe ich mich selbstständig gemacht. Als Freelancerin betreue ich unter anderem meinen Reise- und DIY Blog stitchesandtraveltales.com. Hier blogge ich über meine Abenteuer und meine Leidenschaften und freue mich, wenn ihr mich dabei begleitet.
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